Oppenheimer – der Vater der Atombombe

Oppenheimer – der Vater der Atombombe

Oppenheimer startete bereits Ende Juli in den deutschen Kinos. Jetzt kam die Nominierung für 13 Oscars und unser Havelkino hat den Film wieder in den Plan aufgenommen – für zwei Vorstellungen. Das war unsere Gelegenheit, das Drei-Stunden-Werk anzuschauen. Es ist ein gewaltiger Film mit Anspruch und genialen Schauspielern. Wir sind nachdenklich und begeistert aus dem Kino gegangen.

One for the road: Offizieller Filmtrailer (Quelle: Youtube)

Oppenheimer: Das Wichtigste in Kürze

  • Kinostart: 23.07.2023
  • Biografischer Historienfilm: FSK 12
  • Dauer: 181 Minuten
  • Hauptdarsteller: Cillian Murphy, Emely Blunt, Matt Damon
  • Regisseur: Christopher Nolan
  • USA/GB, Universal Pictures

Drei Facts zum Film

  • Realitätsnahe Verfilmung der Biografie von J. Robert Oppenheimer
  • Drei Stunden geballte Handlung mit starken Dialogen und ergreifender Musik
  • Die Handlung springt zwischen den Zeiten, es ist von Vorteil, wenn du die Biografie ein wenig kennst

Sehenswert?

Auf jeden Fall. Die 13 Nominierungen für den Oscar sind absolut gerechtfertigt. Die Handlung zeigt eine Zeitspanne von 30 Jahren: Die verschiedenen Lebensphasen der Figuren werden durch die Maske perfekt dargestellt. Der Film lebt von dem starken Charakterspiel der Darsteller, aber auch von der gewaltigen Musik. Die Handlung erfordert Konzentration, vor allem dann, wenn du die Hintergründe nicht genau kennst. So ging es uns. Spannung ist garantiert: Du sitzt drei Stunden im Kinosessel und plötzlich ist der Film vorbei.


Oppenheimer – Verfilmung der Biografie des Physikers

Julius Robert Oppenheimer war ein deutschstämmiger jüdischer Physiker. Seine Eltern wanderten zum Ende des 19. Jahrhunderts vom hessischen Hanau nach New York aus. Dort wurde Robert im Jahre 1904 geboren. Er studierte theoretische Physik, unter anderem in Cambridge und Göttingen. Beides wird im Film thematisiert.

Vater der Atombombe

Oppenheimer ging als „Vater der Atombombe“ in die Geschichte ein. Er leitete das Manhattan-Projekt in Los Alamos, einer Forschungsstation, die eigens für die Entwicklung einer Uranbombe errichtet wurde. Diese Zeit nimmt im Film ebenso Raum ein wie das Studium und die Unterstützung der Kommunisten, die Oppenheimer in jungen Jahren leistete und die ihm nach dem Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki faktisch auf die Füße fiel.

Schauprozess um die Entwicklung der Wasserstoffbombe

Die Weiterentwicklung der Atombombe zu einer Wasserstoffbombe wird bereits in Los Alamos thematisiert. Oppenheimer lehnt die Beteiligung an dieser Entwicklung ab. Damit schafft er sich in Lewis Strauss einen Widersacher. Es kommt zu einem Schauprozess mit dem Ziel, Oppenheimer die Sicherheitsfreigabe neu zu erteilen – oder auch nicht. Der Prozess ist als Rahmenhandlung in den Film eingebunden.

Haupthandlung mit zwei Rahmen

Ein zweiter Prozess befasst sich mit Lewis Strauss. Diese Szenen werden im Film in Schwarz-weiß eingeblendet. Die Haupthandlung um Robert Oppenheimer und die Entwicklung der Atombombe wird von den beiden Prozessen als Rahmen flankiert. Das hat bei uns am Anfang für einige Verwirrung gesorgt. Vielleicht haben wir den Fehler gemacht, dass wir ohne Vorkenntnisse an das Thema herangegangen ist.

Als Vorlage des Films fungierte die Oppenheimer-Biografie von Kai Bird und dem amerikanischen Historiker Martin J. Sherwin. Es gibt sie auch in deutscher Sprache: Solltest du das Buch gelesen haben, hast du im Kino einen entscheidenden Vorteil. Alternativ kannst du eine der Kurzbiografien lesen, die im Internet veröffentlicht sind. Wenn du die Geschehnisse rund um die Entwicklung der Atombombe kennst, ist es für das Verständnis des Films wirklich wertvoll.

In eigener Sache muss ich gestehen, dass Oppenheimer nicht der erste Film ist, bei dem ich einen zweiten Anlauf benötige, um die Handlung zu verstehen. Somit kann es an mir liegen. Gut gemacht sind die Handlungssprünge durch die Maske der Schauspieler und die schwarz-weißen Szenen der Gerichtsverhandlung. Für die Maske hat der Film eine seiner Oscar-Nominierungen bekommen.

Starkes Spiel – starke Musik

Der Film wird von Dialogen dominiert, die Schauspieler liefern ein starkes Spiel. Dass Cillian Murphy völlig zu recht als bester Schauspieler nominiert ist, erkennst du schon nach einer halben Stunde. Das Minenspiel, der geniale Geist und der zunehmende Wahn, in den Oppenheimer im Zuge des Projekts verfällt, lassen den langen Film leben und zu keinem Zeitpunkt langweilig werden. Du wirst von der Handlung durch die 180 Minuten getragen und kannst von der Leinwand gar nicht wegschauen. Kurz mal rausgehen, neues Popcorn holen oder andere Dinge erledigen? Es gibt keine Szenen, die wir verpassen wollten.

Ebenso eindrucksvoll wie das Spiel ist die Musik. Sie ist dramatisch, laut, richtungsweisend, und manchmal verstummt sie plötzlich. Im Kino war es mucksmäuschenstill. Bildgewaltige Szenen gibt es auch: Der gelungene Triniton-Test in Los Alamos wird mit Effekten dargestellt, die ich angesichts der grausamen Historie nicht gern als eindrucksvoll bezeichnen möchte. Sie sind es aber.

Schauspieler mit täuschend echter Maske

Wenn du dir Fotos von Robert Oppenheimer anschaust, bevor du ins Kino gehst oder den Film im Stream anschaust, wirst du über die Ähnlichkeit verblüfft sein. Dies gilt nicht nur für den Hauptdarsteller, sondern auch für Zeitgenossen wie Albert Einstein und Lewis Strauss sowie für Oppenheimers Frauen Kitty und Jean Teatlock.

Die Liebesbeziehungen Oppenheimers werden in Teilen so freizügig dargestellt, dass es vor allem im asiatischen Raum Beschwerden gab. Einige Szenen sollen verändert worden sein. Ob die deutsche Fassung im Original oder in der adaptierten Version zu sehen ist, kann ich nicht beurteilen. Ich bin nur, wie auch bei anderen Filmen, der Meinung, dass derartige Szenen für Zwölfjährige noch nicht geeignet sind. Ab diesem Alter ist der Film freigegeben.

Ein Film mit historischem Hintergrund

Oppenheimer ist ein Historienfilm. Der Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki am 6. und am 9. August 1945 ist die Folge der Entwicklungen in Los Alamos. Die enorme Zerstörungskraft ist Robert Oppenheimer bewusst, doch er stoppt die Entwicklung nicht, sondern er treibt sie voran. Später wird er sich dahingehend äußern, dass er Wissenschaftler wäre und mit politischen Entscheidungen nichts zu tun hätte. Doch er schaut sich die Bilder aus Japan an und sie machen etwas mit ihm.

Ich weiß nicht, ob es Zufall ist, dass Oppenheimer 2023 in die Kinos kam: In einem Jahr, das von Kriegen dominiert wurde. Atombomben sind schon lange nicht mehr nur im Besitz von Russland und den USA. Vermutlich weiß niemand so genau, wer im Verborgenen mit den Erkenntnissen experimentiert, die Oppenheimer einst auf den Weg brachte. In jedem Fall stimmt der Film nachdenklich. Wann lernt die Menschheit endlich aus den verheerenden Kriegen, die unsere Vorfahren führten?

Wenn Wissenschaft siegt

Robert Oppenheimer ist ein begnadeter Theoretiker, der mit 25 Jahren seinen Doktortitel erwarb und das Privileg hatte, einen Regierungsauftrag zu bekommen. Später im Leben erkannte er, welch verheerende Folgen seine Entwicklung hatte. Während der Zeit in Los Alamos siegte die Idee. Es siegte der Fortschritt der Wissenschaft, es siegten die Möglichkeiten, deren Grundlagen von Albert Einstein gelegt wurden, der im Film in einer Schlüsselszene zu sehen ist.

Aus der Relativitätstheorie hat sich, betrachtet man es in einem sehr weiten Sinn, die Kernkraft entwickelt. Der Film regt nicht nur zum Nachdenken an: Er macht Lust darauf, sich näher mit der Geschichte zu beschäftigen. Das sollten wir tun, denn es gibt immer weniger Zeitzeugen, die von den schlimmen Kriegen des 20. Jahrhunderts aus erster Hand erzählen können. Es ist eine Geschichte, die niemals in Vergessenheit geraten sollte.

Vom Zweiten Weltkrieg in den Kalten Krieg

Christopher Nolans Werk regt zum Nachdenken an, wir haben sehr lange darüber gesprochen. Mit dem Abwurf der beiden Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki galt der Zweite Weltkrieg als beendet. Doch er mündete in den Kalten Krieg, der in den 1970er und 1980er Jahren zwischen der damaligen Sowjetunion und den USA entbrannte. Ich war zu diesem Zeitpunkt eine Jugendliche – heute sagt man Teenager – in der DDR und erlebte das Wettrüsten sozusagen hautnah mit.

In meiner Mecklenburger Heimat waren in einem kleinen Waldstück russische Atomwaffen in einem unterirdischen Bunker stationiert. Ganz in der Nähe befand sich der Waldsee mit der Badestelle, an der wir bei unseren Besuchen schöne Sommertage verbrachten. Heute wird im Zuge des Ukraine-Krieges wieder von Atombomben gesprochen. Der Film sollte uns allen eine Warnung sein.

Fazit: Im Kino oder im Stream – Oppenheimer nicht nur einmal schauen

Oppenheimer lief im Sommer in den Kinos an, als große Konkurrenz zum Barbie-Film. Er blieb lange in den Spielplänen, mittlerweile kannst du ihn kaufen oder in der digitalen Variante ausleihen. Nachdem bekannt wurde, dass der Film für sensationelle 13 Oscars nominiert wurde, kehrte er für kurze Zeit auf die große Leinwand zurück.

Wenn du die Möglichkeit hast, Oppenheimer im Kino zu schauen, solltest du sie nutzen. Die genialen Soundeffekte kann das Heimkino nur schlecht produzieren. Es ist ein Film, den du sehr gut auch zweimal genießen kannst. Er fesselt, er orientiert sich nah an der Realität und er lebt von dem eindrucksvollen Schauspiel.

Ich bin gespannt auf die Oscar-Verleihung im März und hoffe, dass Oppenheimer so richtig abräumt. In der Vergangenheit gab es Filme, die zahlreiche Nominierungen hatten. Doch letztlich klappte es nur in einigen wenigen Kategorien. Oppenheimer hätte ausnahmslos alle verdient. Uns hat der Film begeistert und gleichermaßen nachdenklich gestimmt. Denn schließlich ist die Handlung Realität. Eine Realität, die uns sprachlos macht und die uns gerade in der heutigen Zeit eine Warnung sein sollte.


Oscar-Nominierungen für Oppenheimer

  • Bester Film
  • Beste Regie: Christopher Nolan
  • Bester Hauptdarsteller: Cillian Murphy
  • Beste Nebendarstellerin: Emily Blunt
  • Bester Nebendarsteller: Robert Downey Jr.
  • Bestes adaptiertes Drehbuch
  • Beste Kamera
  • Bester Schnitt
  • Beste Filmmusik
  • Bester Sound
  • Beste Kostüme
  • Bestes Make-up und Haarstyling
  • Bestes Produktionsdesign

Die Oscar-Verleihung fand am 11. März 2024 in Los Angeles statt. Oppenheimer hat sieben der dreizehn nominierten Kategorien gewonnen.



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